Robert Lebeck

Der deutsche Pressefotograf Robert Lebeck (1929 – 2014) wurde in über 40 Jahren zu einem der erfolgreichsten deutschen Akteure im internationalen Bildjournalismus. Als „charmanter Dieb des Augenblicks“ veröffentlichte er bedeutende Portraits, Reportagen und Essays, die heute längst ins kollektive Bildgedächtnis der Nation gehören. Einen Namen machte sich Robert Lebeck in späteren Jahren aber auch als bedeutender Sammler von Fotografien und illustrierten Magazinen, die er ebenso wie seine eigenen Werke in Ausstellungen und Buchveröffentlichungen zeigte.

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Im Kongo

Copyright: Hilmar Pabel, ARCHIV ROBERT LEBECK

Copyright: privat, ARCHIV ROBERT LEBECK

Robert Lebeck wurde am 21. März 1929 geboren. Eine erlebnisreiche Kindheit im Übergang der Republik zur Diktatur, der Kriegseinsatz als junger Flakhelfer im letzten Aufgebot der Deutschen Luftwaffe und schließlich die Ausbildungsjahre weit weg von Berlin prägten Robert Lebeck für ein Leben auf der Jagd nach Bildern. Am Sommersitz seines Großvaters, einem Kunstmaler und Sammler, lernte er die Bilderwelt aus Büchern und Illustrierten der Zwischenkriegszeit kennen, träumte von Reisen und Abenteuern. Bei seinem Onkel, einem bekannten Comic-Illustrator in New York, fand er in den dortigen Magazinen die dort berühmten deutschen Fotografen wieder. ► Salomon, Munkacsi und ► Eisenstaedt wurden seine frühen Helden. Eugen W. Smith, Henri Cartier-Bresson und ► Robert Capa kamen hinzu. Jedoch eines wollte er sicher nicht werden: ein Kriegsberichterstatter.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland begann Robert Lebeck, ausgestattet mit einer Kodak Retina, seine Arbeit als freier Pressefotograf beim Heidelberger Tageblatt und der Rhein-Neckar-Zeitung. Er trat damit in die Fußstapfen der späteren Stern-Kollegen Fred Ihrt und ► Rolf Gillhausen, die zu Associated Press gewechselt waren. Von Herbert Tobias lernte er im Jahr 1953 die Labor-Entwicklung. Ein Engagement bei United Press im Jahr 1954 kam nicht zustande, als er beim damaligen Büroleiter Günther Beukert die Arbeit mit der noch üblichen großformatigen Speed-Graphic als zu unhandlich ablehnte. Beukert sollte später den Bilddienst des Sterns leiten. Nach ersten Beiträgen für die Münchner Revue wurde Robert Lebeck mit 26 Jahren Redaktionsleiter des Frankfurter Lokalbüros. Es folgten viele Bildberichte für die Blätter im Verlag Kindler und Schiermeyer Revue, Das Schönste und Bravo. Seine erste große Reportage wurde „Nun danket Alle Gott“ über die Spätheimkehrer von 1955, bei der er dem damaligen Starfotografen der Revue Benno Wundshammer zuvorgekommen war. Eine Aufnahme vom Gastspiel des Modern Jazz Quartett in Frankfurt brachte ihm 1958 den Fotopreis der Photokina und die Berufung in die Gesellschaft deutscher Lichtbildner und die Deutsche Gesellschaft für Photographie ein. Seine Bildberichte über Winston Churchill zu Gast bei Adenauer, den jungen GI Elvis Presley und Maria Callas auf ihrer Deutschlandtournee hoben sich durch Nähe, Moment und Emotion in der Bilderflut der fünfziger Jahre auffallend ab.

 

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Revue Nr. 21 vom 26. Mai 1956: Deutschlands Ehrengast hieß Winston Churchill; Fotograf Robert Lebeck

Über Peter Boenisch kam Robert Lebeck 1960 von Kindler zum Springer Verlag und zu Kristall. Im Zuge seiner Reportagereihe „Afrika im Jahre Null“ gelang ihm mit der Momentaufnahme von dem jungen Kongolesen, der dem belgischen König Baudouin I. während der Feierlichkeiten zur Übergabe des Kongo den Säbel entriss, im selben Jahr das wichtigste Bild seiner Karriere.

 

Kristall Nr. 16 vom 15. Juli 1960: Des Königs Schwert in schwarzer Hand; Fotograf Robert Lebeck

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Copyright: ARCHIV ROBERT LEBECK

Neben Kristall brachten LIFE und Paris Match die Reportage. 1961 schloss sich Lebeck schließlich der von Nannen neu aufgestellten Redaktion des Sterns an. Es folgte die über neun Nummern laufende Reportage „Verwandte in Moskau“, die von Rolf Gillhausen ins Heft gesetzt wurde. Nach einem vorübergehenden Kurzeinsatz für die Konkurrenzblätter Kristall und auch Quick begleitete Lebeck im Jahr 1966 den Dokumentarfilmer Georg Stefan Troller im Auftrag des Sterns auf den Spuren von Jack London. Danach ging es für zwei Jahre in das New Yorker Büro. Lebeck machte 1967 die Bilder von einem „Wochenende bei den Johnsons“ für den Stern und LIFE und würdigte den ermordeten Robert Kennedy in ikonischen Aufnahmen zu „Good-Bye Bobby“. Im politische Jahr 1968 konzentrierte sich seine bildjournalistische Arbeit zu besonderer Dichte u. a. mit den Vorwahlen Richard Nixons, mit Dutschke in Prag, auf der Documenta 4, zum 30. Geburtstag der Autostadt Wolfsburg, auf der Papstreise nach Kolumbien und in Nordirland. In den 70 Jahren profilierten ihn seine intimen Personenportraits aus Politik und Kultur. Im Jahr 1976 begann auch der Portraitzyklus zu Romy Schneider, deren besonderes Vertrauen er bis zu ihrem Tod genoss.

 

Stern Nr. 18 vom 23. April 1981: „Im Moment bin ich ganz kaputt …“; Fotograf Robert Lebeck

Im Jahr 1979 landete der Fotograf einen weiteren geschichtsträchtigen Coup mit einer riskanten Reportage über die Rückkehr des Ayatollah Khomeini in den Iran, die das religiöse Oberhaupt in einem Moment ohne Turban zeigte. „Deutschland im März“ füllte im Jahr 1983 zwölf Doppelseiten im Stern und geriet zu einem aufsehenerregenden Essay in der Diskussion über die Wirklichkeit der Republik.

 

Stern Nr. 10 vom 3. März 1983: Deutschland im März; Fotograf Robert Lebeck

Im Jahr 1991 verlieh ihm die DGPh den Dr.-Erich-Salomon-Preis, eine Reminiszenz an eines seiner großen Vorbilder. 1994 gab Robert Lebeck schließlich seinen Abschied beim Stern.

Seine Honorare und Tantiemen steckte Lebeck zu einem guten Teil in seine Sammlungen. In den 60er Jahren waren es Gemälde der Moderne und Alltagsobjekte des Jugendstils. Ab 1972 sammelte er Fotografien. Im Wetteifer mit dem Freund, Fotografen und Sammler Werner Bokelberg stellte er „Pioniere der Kamera 1840-1900“ zusammen, die heute Bestandteil des Museums Ludwig in Köln sind. Im Zeitraum 1989 bis 2001 kam „Kiosk – Eine Geschichte der Fotoreportage“ mit 46.000 Zeitschriften zusammen. Für den Ausstellungskatalog wurden der Fotograf und sein Kurator Bodo von Dewitz mit dem ICP Infinity Award 2002 ausgezeichnet. Die grafische Gestaltung des Bandes wie alle nachfolgenden Fotobücher hatte seine Ehefrau Cordula Lebeck übernommen.

Robert Lebeck formulierte den Anspruch an die eigene Fotografie treu seiner Profession und wie immer verschmitzt: „Ich war nie Arrangeur oder Choreograph von Bildern und habe nie irgendeine Botschaft in meine Fotos gelegt. Im Gegenteil: Ich wollte das einfangen, was ist. Mein Job war der eines journalistischen Dieners, und meine Herren, die hießen Kindler, ► Nannen, ► Springer und Boenisch … Aber letztlich war ich immer mein eigener Herr.“ Den Erfolg seines von Wissen, Können, Intuition und Zufällen bestimmtes Fotografenlebens erklärte er sich selbst im Alter so: „Es ist, als wäre ich aus meiner beengten Kindheit geflohen, einen großen Bogen rund um die Welt gelaufen und schließlich, nach einer atemberaubenden Odyssee durch zahllose Länder, Abenteuer und Geschichten, wieder zu Hause angekommen. Es war eine lange, mitunter einsame Reise. Und doch wusste ich immer einen treuen Begleiter an meiner Seite: Glück. Um genauer zu sein: Unverschämtes Glück.“

Robert Lebeck starb am 14. Juni 2014 im Alter von 85 Jahren in Berlin. Der Nachlass wird heute von Cordula Lebeck, Archiv Robert Lebeck Berlin, gehalten.

 

(RH)

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Copyright für alle Fotos (Druck oder Download nicht gestattet): ARCHIV ROBERT LEBECK / Großer Dank an Cordula Lebeck, die uns die Fotos freudlicherweise digitalisiert zur Verfügung gestellt hat.

Copyright für die Stern-Artikel: ddp images | Picture Press, ddp media GmbH

Quellen

Pioniere der Kamera. Das erste Jahrhundert der Fotografie 1840-1900. Die Sammlung Robert Lebeck. Fotoforum Bremen. Hrsg. Jutta Reinke, Wolfgang Stemmer, H.S. Sauer 1987

Robert Lebeck: Neugierig auf Welt. Erinnerungen eines Fotoreporters. Ein Selbstportrait mit Harald Willenbrock / Steidl 2004

Bob Lebeck. Der große Fotograf Robert Lebeck wird 75. Berliner Illustrirte Zeitung. Das Wochenendmagazin der Berliner Morgenpost – Sonntag, den 29. Februar 2004

Claus Lutterbeck: Charmanter Dieb des Augenblicks, 11.05.2007

Der Flaneur. Ein Nachruf. Süddeutsche Zeitung Nr. 136, Montag, 16. Juni 2014

 

Bücher

Robert Lebeck: Afrika im Jahre Null. Hammerich & Lesser 1961

Augenzeuge Robert Lebeck. 30 Jahre Zeigeschichte. Mit Texten von Henri Nannen, Heinrich Jaenecke und den Fotos von Robert Lebeck, Bucher 1984

Robert Lebeck: Romy Schneider. Letzte Bilder eines Mythos. Edition Stemmle 1986

Robert Lebeck: Begegnungen mit Grossen der Zeit. Mit Texten von Rainer Wick. Edition Stemmle 1987

Robert Lebeck: Fotoreportagen. Hrsg. Karl Steinorth, Meinrad Maria Grewenig. Edition Cantz, 1993

Robert Lebeck: Vis-à-vis. Hrsg. Tete Böttger. Steidl / Arkana 1999

Robert Lebeck / Bodo von Dewitz: Kiosk. Eine Geschichte der Fotoreportage 1839 - 1973. Steidl, 2001

Robert Lebeck: Unverschämtes Glück. Steidl 2004

Robert Lebeck: Moscow, Leopoldville, Tokyo. Steidl 2008

Robert Lebeck: Fotoreporter. Hrsg. Gisela Kayser und Cordula Lebeck, Steidl 2008

Robert Lebeck: Face the Camera. Hrsg. Cordula Lebeck, Steidl 2016

Robert Lebeck. 1968. Hrsg. Ralf Beil, Alexander Kraus, Steidl 2018

Robert Lebeck: Hierzulande. Reportagen aus Deutschland. Hrsg. Cordula Lebeck, Steidl, 2023