Alfred Eisenstaedt wurde am 6. Dezember 1898 als ältester Sohn der jüdischen Kaufmannsfamilie Joseph und Regina Schön Eisenstaedt in Dirschau/Westpreußen geboren. Bereits im Alter von 14 Jahren begann er, mit einer Eastman Kodak Faltkamera Nr. 3 zu fotografieren. In Berlin besuchte er das Hohenzollern Gymnasium und wurde 1916 vom Militär zur Feldartillerie eingezogen. Im Dezember 1917 traf ihn ein Schrapnell, damit war der Krieg für ihn zu Ende.
Danach arbeitete er zehn Jahre lang als Kurzwarenverkäufer und beschäftigte sich nebenher mit Fototechniken. Dabei entdeckte er für sich das Stilmittel der Ausschnittsvergrößerung und begann damit zu experimentieren. Als das Foto einer Tennisspielerin, von ihm für die Zeitschrift Weltspiegel gemacht, großen Anklang fand, fühlte er sich ermutigt, fortan nebenher als freier Fotograf tätig zu werden. In den 20er Jahren begann dann sein langsamer Aufstieg, weil er seine gefundenen Motive gekonnt in richtige Bildnachrichten umwandelte. So, wie sie von den aufkommenden Illustrierten und Fotoagenturen zunehmend gesucht wurden.
Der japanische Fotograf Miki Jun mit Mr. und Mrs. Alfred Eisenstaedt (r.), 1954 in New York
Copyright: 撮影者不明 - 松本清張・三木淳・藤原彰監修 『民主主義の時代』 小学館〈写真記録 昭和の歴史④〉、1984年10月25日。ISBN 4-09-570004-1。, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=94429151
1927 wurde er freier Mitarbeiter für das Berliner Tageblatt. Sein Bericht über die Nobelpreis-Vergabe in Stockholm an Thomas Mann erregte 1929 große Aufmerksamkeit. Was dazu führte, dass er für das Berliner Büro von Pacific and Atlantic Photos, ab 1931 Associated Press, arbeiten durfte. Und Aufnahmen von Marlene Dietrich, Albert Einstein, George Bernard Shaw oder Richard Strauss machte. Aber auch von NS-Größen wie Joseph Goebbels beim Völkerbund in Genf, von Hermann Göring, Adolf Hitler oder Benito Mussolini. Er lichtete Personen der Zeitgeschichte genauso gekonnt ab wie ganz normale Menschen mitten in ihrem Alltagsleben. Eisenstaedt war einer der ersten Fotografen, die dabei ausschließlich mit Kleinbildkameras arbeiteten. Zusammen mit Erich Salomon gehörte er zu den sogenannten „Available-Light-Fotografen“, die mit Hilfe sehr lichtempfindlicher Objektive und hochempfindlichem Filmmaterial mit den vorgefundenen Lichtverhältnissen auskamen, also kein Blitzlicht brauchten. Und auch keine gestellten und mühsam ausgeleuchteten Szenen nutzten.
1935 emigrierte er angesichts der aufkommenden Juden-Verfolgungen in die USA und wurde schnell einer der Starreporter von Associated Press. Er fotografierte für Publikationen wie Harper’s Bazaar, Vogue und dann von der ersten Stunde an für das Life-Magazin. Allein für Life lieferte er 92 Titelfotos und zahlreiche Bildreportagen sowie oftmals prämierte Kriegsberichte. 1950 wurde er „Photographer oft he Year“ für seinen Report über den Krieg zwischen Italien und Äthiopien. Und fünf Jahre später erneut für seine Aufnahmen vom 25jährigen Kronjubiläum von Kaiser Haile Selassie. In den 60er Jahren berichtete er unter anderem über die Amtseinführung von John F. Kennedy und dokumentierte die Anfangsjahre dieses jungen Präsidenten. Er ließ sich während eines Orkans auf der Brücke der Queen Mary festbinden und fotografierte von dort die aufgepeitschte See. Jahr für Jahr entstanden neue Foto-Essays über Schauspielerinnen wie Sophia Loren oder Marylin Monroe, über Künstler wie Ernest Hemingway oder Vladimir Horowitz. Sowie über Politiker wie Winston Churchill, Anthony Eden, Nikita Chruschtschow, über die Kennedys und die Clintons. Insgesamt wurden 2.500 seiner Bildreportagen allein von Life gedruckt.
Seine wohl bekannteste Bildsequenz sind die vier Fotos vom 15. August 1945, am Tag des Sieges über die Japaner. Da lichtete er mit seiner Leica am Times Square in New York den Matrosen George Mendosa ab, der im Freudentaumel des Sieges spontan die ihm fremde Krankenschwester Greta Zimmer Friedman umarmt und küsst. Die junge Frau stammte aus Wien, hatte ebenfalls jüdische Vorfahren und war wie Eisenstaedt in die USA geflüchtet. Damals ein spontaner Akt der Freude – heute ein „me-too-Vergehen“? Denn in den USA fordern Mitglieder der Me-too-Bewegung den Abriss eines nach diesem Foto geschaffenen Denkmals.
1988 wurde er mit dem „ICP's Infinity Master of Photography Award“ geehrt.
Alfred Eisenstaedt starb am 24. August 1995 im Alter von 96 Jahren in Oak Bluffs auf Martha’s Vineyard/Massachusetts. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Fotojournalisten des 20. Jahrhunderts.
(hhb)