Emil Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 als Sohn eines Sattlermeisters in Dresden geboren. Besonders eng fühlte er sich mit seiner Mutter verbunden, die als Heimarbeiterin und später als Friseurin Geld für seine Ausbildung dazu verdiente. An seinem 70. Geburtstag berichtete er über seine Kindheit im Deutschlandfunk: „Ich komme aus ganz kleinen Verhältnissen, mein Vater war ein Facharbeiter und auch Sozialdemokrat natürlich. Ich habe als Kind schon erlebt, wie die Arbeiter streikten und wie die berittene Gendarmerie mit herausgezogener Plempe da auf die Leute losschlug, die dann mit Pflastersteinen die Laternen einschlugen, und ich habe heulend neben meiner Mutter am Fenster gestanden. Mein Vater war da unten mit dabei.“
In Dresden besuchte er zunächst die Volksschule in der Tieckstraße und ab 1913 das „Freiherrlich von Fletscher‘sche Lehrerseminar“ mit dem Ziel, Volksschullehrer zu werden. Mit seinem allerersten Prosatext „Die Kinderkaserne“, später veröffentlicht im Sächsischen Volksblatt und noch später in seinen Gesammelten Schriften, beschrieb er die dortigen Verhältnisse und Ausbildungsmethoden. Folgerichtig wollte er nach der Schulzeit lieber Lernender als Lehrender werden und meldete sich 1917 erst einmal freiwillig bei einer „Einjährig-Freiwilligen-Kompanie“ der schweren Artillerie, zur Vorbereitung auf eine Offizierslaufbahn. Er wurde allerdings bald wieder ausgemustert, nachdem er sich durch den brutalen Drill einen lebenslangen Herzschaden zugezogen hatte. Schon diese Erfahrung machte ihn zum Pazifisten. Als Hospitant am „König-Georg-Gymnasium“ durfte er nach Kriegsende sein Abitur nachholen, bestand es mit Auszeichnung und bekam dafür ein Stipendium der Stadt Dresden.
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Im Herbst 1919 begann er in Leipzig Germanistik, Literatur- und Theatergeschichte, Philosophie, Geschichte und Zeitungskunde zu studieren. Dies Studium setzte er kurzzeitig in Rostock und dann in Berlin fort. 1922 kehrte er nach Leipzig zurück, als Famulus/Assistent von Prof. Albert Köster, und begann nebenher journalistisch zu arbeiten. Lieferte Glossen für das Leipziger Tageblatt und Rezensionen für die linksliberale Neue Leipziger Zeitung. 1925 schrieb er in vier Monaten seine Doktorarbeit und verließ danach die Universität.
Nachdem das Leipziger Tageblatt die Neue Leipziger Zeitung übernommen hatte, wurde er vorübergehend festangestellter Redakteur für die drei Magazine des Verlags (Die große Welt; Der Die Das; Das Leben) und für das Feuilleton der Neuen Leipziger. Wegen eines erotischen Gedichts wurde er 1927 entlassen und zog nach in Berlin, von wo aus er nun wieder freiberuflich Theater-Rezensionen nicht allein nach Leipzig, sondern auch an die Vossische Zeitung, an das Berliner Tageblatt und die Dresdner Neuesten Nachrichten sowie für das Prager Tagblatt lieferte. Dabei setzte er sich besonders für avantgardistische und sozialkritische Inszenierungen ein, etwa von Piscator. Außerdem veröffentlichte er Gedichte in der Weltbühne sowie im Montag Morgen und schrieb Texte für das „Kabarett der Komiker“. Ab 1928 begann er, seine Gedichtsammlungen in kleinen Lyrikbändchen zu veröffentlichen, wie auch die berühmt gewordenen Kinderbücher „Emil und die Detektive“ und „Pünktchen und Anton“. Sie alle wurden von Erich Ohser und Walter Trier illustriert.
Die Nationalsozialisten verbrannten auch seine Bücher. Dennoch wollte und konnte er Deutschland nicht verlassen, sicherlich vor allem aus Rücksicht auf seine Mutter. Dazu als Erklärung sein Epigramm „Notwendige Antwort auf überflüssige Fragen“ in „Kurz und bündig“:
Ich bin ein Deutscher aus Dresden in Sachsen.
Mich läßt die Heimat nicht fort.
Ich bin wie ein Baum, der – in Deutschland gewachsen –
wenn’s sein muss, in Deutschland verdorrt.
Mehrmals wurde Kästner von der Gestapo verhaftet. Immerhin war es ihm aber anfangs noch möglich, mit unpolitischen Erzählungen wie „Drei Männer im Schnee“ und weiteren Kinderbüchern wie „Das fliegende Klassenzimmer“ Geld zu verdienen. Bücher, die aber bald nur noch in der Schweiz verlegt werden durften. Und er schrieb unter Pseudonymen Lustspiele und Drehbücher, mit Sondergenehmigung sogar für den Film „Münchhausen“, in dem er gekonnt einige Spitzen zwischen den Zeilen versteckte.
Nach dem Krieg ging er nach München und wurde Feuilletonchef der im Herbst 1945 von den Amerikanern gegründeten Die Neue Zeitung. Und gab von 1946 bis 1948 die Jugendzeitschrift Pinguin heraus. Außerdem arbeitete er wieder für das literarische Kabarett: von 1945 bis 1948 für die „Schaubude“ und ab 1951 für die „Kleine Freiheit“. Darüber hinaus entstanden Reden, Hörspiele, Lieder und ähnliche Beiträge für den Hörfunk, in denen er sich mit dem Nationalsozialismus und dem Krieg auseinandersetzte. Auch an der Diskussion um Kollektivschuld oder Individualschuld beteiligte er sich und protestierte gegen die Remilitarisierung. Das „Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften“ aus dem Jahr 1952 und andere staatliche Maßnahmen empfand er als Einschränkung der Pressefreiheit und artikulierte das. 1957 wurde sein Lustspiel „Die Schule der Diktatoren“ in München uraufgeführt und 1962 gehörte er zu den ersten Intellektuellen, die gegen das Vorgehen der Regierung in der Spiegel-Affäre öffentlich protestierten. Später trat er immer wieder bei Ostermärschen als Redner auf und wandte sich entschieden gegen den Vietnamkrieg.
Von 1951 bis 1962 war er Präsident des westdeutschen P.E.N.-Zentrums und ab 1965 Ehrenvorsitzender. Danach zog er sich weitgehend vom Literaturbetrieb zurück. Erich Kästner starb nach langer Krankheit am 29. Juli 1974 in München-Neuperlach.
(hhb)
Bücher:
Franz Josef Görtz/Hans Sarkowicz: Erich Kästner – Eine Biographie; Piper 1999