Erich Knauf, Journalist, Publizist, Autor und Lektor bei der Büchergilde Gutenberg, kritisierte in seiner Funktion als Journalist scharf den aufkommenden Nationalsozialismus. Das kostete ihn nach der NS-Machtergreifung seine Stellung bei der Büchergilde. Als Pressechef einer Filmgesellschaft schrieb er die Texte für mehrere bekannte Filmschlager. Knauf wurde 1944 wegen regimekritischer Äußerungen zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Erich Knauf wurde am 21. Februar 1895 als Sohn eines Schneiders in Meerane/Sachsen geboren und wuchs in Gera auf. Nach seiner Schulzeit absolvierte er eine Lehre als Schriftsetzer und bereiste dann Italien, Griechenland sowie die Türkei. Von 1915 bis 1918 diente er als Soldat im Ersten Weltkrieg.
Knaufs Vater war Parteisekretär bei der SPD. Die Heimvolkshochschule Tinz, die Erich Knauf nach dem Krieg besuchte, war auf Anregung der Sozialdemokraten ins Leben gerufen worden, um jungen Menschen aus einfachen Milieus den Zugang zu Kultur und Bildung zu ermöglichen.
Während des Kapp-Putsches im März 1920 schloss sich Knauf, inzwischen Mitglied der USPD, den Arbeiterwehren an. Auch an anarchistischen Aktionen im Erzgebirge war er beteiligt. Aus diesen Erlebnissen entstand später sein Reportage-Roman „Ca ira!“
Damals hatte er bereits erste Theaterkritiken für die Geraer Tribüne verfasst und erhielt so 1921 ein Stellenangebot als Redakteur für Lokales und Kultur bei der Plauener Volkszeitung. Dort lernte er ► Erich Kästner kennen sowie den Zeichner ► Erich Ohser, der später unter seinem Pseudonym e.o. plauen die berühmt gewordenen „Vater und Sohn“-Bildgeschichten schuf. Diese drei bildeten bald einen „‚Freundeskreis der drei Erichs“.
1928 übernahm Knauf das Lektorat der Büchergilde Gutenberg, die ihren Sitz inzwischen nach Berlin verlegt hatte. Dort setzte er sich besonders für die Verbreitung sozialkritischer Texte ein, etwa von B. Traven, Upton Sinclair oder Oscar Maria Graf, aber auch für Autoren aus der Sowjetunion. 1933 hatte die Büchergilde allein in Deutschland 85.000 Mitglieder, die für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von einer Mark jährlich vier Auswahlbände bekamen, die sie sich in jenem Jahr unter 174 Titeln aussuchen konnten. Doch bald nach der Machtübernahme wurde auch die Büchergilde gleichgeschaltet.
Erich Knauf begann darum wieder als Journalist zu arbeiten, im Feuilleton des Berliner 8-Uhr-Abendblatts. 1934 wurde er wegen seiner Kritik an einer Carmen-Inszenierung in der Berliner Staatsoper, die zu Hermann Görings Machtbereich gehörte, vorübergehend in Schutzhaft genommen. Mehrere Wochen war Knauf in den Konzentrationslagern Oranienburg und Lichtenberg inhaftiert.
Anschließend hielt er sich vorübergehend in der Werbebranche über Wasser, bis er 1936 zunächst zweiter Pressesprecher, bald darauf Pressechef der Filmproduktion Terra Film wurde. Dort betreute er vor allem die Film-Projekte mit Heinz Rühmann, was ihn vor dem Kriegsdienst bewahrte. Ab 1941 schrieb er für den Filmkomponisten Werner Bochmann Texte für dessen Schlager – wie „Heimat deine Sterne“ für den Film „Quax, der Bruchpilot“, oder „Mit Musik geht alles besser“ im Film „Sophienlund“, der 1943 ebenfalls mit Heinz Rühmann gedreht wurde.
Als Knauf und Ohser im November 1943 in Berlin-Kaulsdorf ausgebombt worden waren, evakuierten sie ihre Familien nach Süddeutschland, blieben selber aber in Berlin als Untermieter im Haus eines befreundeten Arztes. Dort war bereits der Fotograf, Verleger und SS-Untersturmführer Bruno Schultz mit seiner Frau einquartiert.
Dort redeten Knauf und Ohser offenbar sehr freimütig und kritisch über die aktuelle politische Lage. Laut der Aussage des Ehepaars Schultz vor der Gestapo sollten sie erklärt haben: „Der Krieg sei verloren, wir müssten bedingungslos kapitulieren. Es wäre das größte Unglück für Deutschland, wenn der Krieg gewonnen würde, weil wir dann erst recht die Segnungen des Nationalsozialismus zu kosten bekämen. Das hätte der Führer selber angedroht. Der Führer könne nichts weiter, als seine verdientesten Generäle in die Wüste zu schicken.“
Außerdem hätten beide führende Persönlichkeiten des Staates verächtlich gemacht. So hätte Ohser über Goebbels gesagt, „dieser habe als sogenannter Minister alle deutschen Künstler durch idiotische Verfügungen so gedrosselt und vergrämt, dass die deutsche Kunst, wie ja vom Blinden zu sehen sei, vor die Hunde gegangen ist.“
Beide wurden von der Gestapo verhaftet. Goebbels forderte daraufhin den Präsidenten des Volksgerichtshofs auf, die Sache schnell zu Ende zu bringen.
Was prompt geschah: Erich Knauf wurde am 6. April 1944 von Freisler zum Tode verurteilt und am 2. Mai im Zuchthaus Brandenburg enthauptet. Ohser hatte schon in der Nacht vor Prozessbeginn Suizid begangen.
(hhb)
Quellen
Wolfgang Eckert: Heimat, deine Sterne / Vergangenheitsverlag
Wer war Erich Knauf? / Regenbrecht Verlag
Franz Josef Görtz + Hans Sarkowicz: Erich Kästner – Eine Biographie / Piper 1999
Jürgen Seul: Das Freundestrio Erich Kästner, Erich Knauf und Erich Ohser im Dritten Reich / ein Vortrag von Jürgen Seul am 8. Juni 2023 in der Meeraner Stadtbibliothek
Ich bin so gerne auf der Welt! – 80. Todestag von Erich Knauf“ – Sonderausstellung erinnert an den Meeraner Schriftsteller / Stadt Meerane 18.6.2024
Erich Knauf / Vergangenheits Verlag
Wolfgang Eckert: Hingerichtet für ein paar Witze / nd Journalismus von Links 21.2.1995
Christian Schröder: Der Zeichner von ‚Vater und Sohn‘ – wie o.e. plauen aus der Reihe tanzte / Tagesspiegel vom 5.4.2014
Bücher + Schriften
Erich Knauf: Ca-ira! – Reportage-Roman über den Kapp-Putsch / Büchergilde 1930
Erich Knauf: Zille