Isidor Levy war ein deutsch-jüdischer Journalist zur Kaiserzeit und in der Weimarer Republik. Bekannt wurde er vor allem als politischer Leitartikler und Chefkommentator der Vossischen Zeitung.
Isidor Levy wurde am 15. Januar 1852 in Schippenbeil geboren, im damals ostpreußischen Landkreis Friedland. Er besuchte das Gymnasium in Rastenburg und studierte anschließend Rechtswissenschaft in Königsberg, Berlin und in Heidelberg, wo er zum Dr. jur. promoviert wurde. Schon in seiner Studienzeit schrieb er Artikel für die liberale Königsberger Hartungsche Zeitung, die bereits 1660 gegründet worden war und damit zu den ältesten Blättern im gesamten deutschen Sprachraum gehörte.
1877 wurde Levy zunächst Redakteur bei der Berliner Bürger-Zeitung, wechselte aber schon zwei Jahre später zur Berliner Zeitung des Ullstein-Verlags. Von dort wandte er sich energisch gegen die aufkommende „Berliner Bewegung“ des Dompfarrers Adolf Stoecker; eine Bewegung, in der sich auf diffuse Weise Antisemitismus, Antiliberalismus und Antikapitalismus vermischten. Reichskanzler Bismarck aber ließ sie gewähren und setzte sie zur Schwächung der immer stärker werdenden Freisinnigen und Sozialdemokraten ein.
Was dazu führte, dass Levy – der weniger wegen seiner demokratisch-freisinnigen Haltung als wegen seines roten Vollbarts als „der rote Levy“ bezeichnet wurde – nun seine heftige und teilweise polemische Kritik auch gegen Bismarck richtete. Was 1882 zu einer Klage wegen Bismarck-Beleidigung gegen ihn führte, die das zuständige Schöffengericht nur mit einer kleinen Geldstrafe ahndete. Ein Urteil, das der Landgerichtsdirektor Hans Brausewetter so nicht stehen lassen wollte. Brausewetter war bekannt für seine Härte und seine hochfahrende, aufbrausende Art in schon mehreren Majestätsbeleidigungsprozessen und anderen Verfahren gegen die Presse. Dieser berüchtigte Strafrichter wandelte das Urteil nun von der Geldstrafe in eine dreimonatige Haft im Gefängnis Plötzensee um.
Levy setzte sich nach Wien ab und arbeitete von dort aus als Auslandskorrespondent für die Berliner Zeitung, außerdem schrieb er für die Neue Freie Presse in Wien. Fünf Jahre lang blieb Isidor Levy Deutschland fern, berichtete lieber aus Wien, Prag oder Zürich.
Erst Ende 1886 kehrte er aus seiner freiwilligen Verbannung nach Berlin zurück und begann zunächst als Berliner Korrespondent für die Breslauer Zeitung. Außerdem verfasste er Leitartikel oder schrieb fürs Feuilleton weiterer Blätter: für die Weser-Zeitung, die Neue Stettiner Zeitung, die Kieler Zeitung und wieder für die Königsberger Hartungsche.
1887 holte ihn die Vossische Zeitung als politischen Leitartikler – eine Zusammenarbeit, die länger als dreißig Jahre andauerte. In all diesen Jahren war er ihr Chefkommentator. In der Vossischen Zeitung war es nach alter Sitte üblich, dass die Tätigkeiten von Chefredakteur und Chefkommentator streng getrennt wurden. Der Chefredakteur hielt das Team zusammen, motivierte es und feuerte es an. Levy verfasste Tag für Tag seine „Meinungsaufmacher“, zumeist mehrere pro Tag.
Was ►Peter de Mendelssohn in seinem Buch über die Zeitungsstadt Berlin so beschreibt: „Mit unermüdlicher Lebhaftigkeit des Geistes und seltener Anmut der publizistischen Form schrieb Levy oft mit der leichten, doch immer an die Wurzel greifenden, sinnigen und eindringlichen Kunst seines sehr persönlichen Stils an einem Tag zwei Leitartikel, einen für das Morgenblatt, den anderen für das Abendblatt. Der alten Zeitungssitte gemäß, an der in der Breiten Straße besonders zäh festgehalten wurde, trugen alle diese klärenden und kritischen Betrachtungen kein Signum: Doch sie lassen sich unschwer als das Eigentum ihres Verfassers erkennen.“
So wurde Dr. Isidor Levy zur wichtigsten Stimme in der Vossischen Zeitung. Er war nach Meinung des Pressehistorikers und Publizisten Walther Oschilewski „der eigentliche politische Kopf der Equipe“.
Ein kämpferischer Geist, links-liberal und politisch engagiert. Levy war von 1909 bis 1918 auch Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung und gehörte der VLJD an, der Vereinigung für das Liberale Judentum in Deutschland. Dort wandte er sich gegen den zunehmenden Antisemitismus, aber auch gegen den aufkommenden Zionismus. Er sah sich als deutscher Staatsbürger.
Levy veröffentlichte mehrere Broschüren und Bücher und unter dem Pseudonym „Zuberkloß“ noch bis 1927 Artikel in linksliberalen Medien wie der DDP nahestehenden Wochenzeitung Das Demokratische Deutschland.
Isidor Levy starb am 16. Februar 1929 in Berlin.
(hhb)
Quellen:
Peter de Mendelssohn: Zeitungsstadt Berlin – Ullstein Verlag 1959