Otto Groth, Journalist und Medienwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Zeitung, gehört zu den Gründervätern der deutschen Zeitungswissenschaft.
Otto Groth wurde am 2. Juli 1875 in Schlettstadt/Elsass geboren. Als Achtjähriger siedelte er mit seiner Familie nach München um, wohin sein Vater an die Universität berufen worden war. Dort machte er sein Abitur und begann 1895 ein Studium in Volkswirtschaft und Jura.
1900 wurde er in Stuttgart Journalist beim Volksblatt Der Beobachter und 1906 leitender Redakteur bei der Ulmer Zeitung. Ab 1908 begann er als Korrespondent für die Frankfurter Zeitung aus Stuttgart zu berichten. 1915 wurde er mit seiner Dissertation „Die politische Presse Württembergs“ in Tübingen promoviert.
Ab 1920 war er Korrespondent der Frankfurter Zeitung in München. Nebenher konnte er an seinem vierbändigen Werk „Die Zeitung“ arbeiten, das zwischen 1928 und 1930 erschien – eine Enzyklopädie über die historische Entwicklung des deutschen Zeitungswesens.
Wegen seiner jüdischen Herkunft bekam Groth keinen Lehrstuhl. Ab 1934 erhielt er als Sohn einer jüdischen Mutter gemäß Schriftleitergesetz vom Oktober 1933 Berufsverbot und musste sich von da an irgendwie durchschlagen. Er arbeitete aber unverdrossen weiter an seinen zeitungswissenschaftlichen Studien.
Copyright: Biografisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft / Herbert von Halem Verlag
Sofort nach Kriegsende wurde er Mitorganisator von Bildungsangeboten für Journalisten und leitete als Vorsitzender des neugegründeten Journalistenverbands in Bayern dann ab 1946 im Rahmen der Reeducation-Maßnahmen der US-Besatzungsmacht die ersten berufsbegleitenden Journalistischen Vorbildungskurse in München. Mit diesem Provisorium erleichterte er vielen Nachwuchsjournalisten ihren Berufseinstieg. 1949 wurden diese Vorbildungskurse durch die in München gegründete Deutsche Journalistenschule abgelöst.
Parallel dazu war er von 1946 bis 1948 Herausgeber der „Münchner Schriften“ und publizierte 1948 seine wichtige, in der NS-Zeit erarbeitete „Geschichte der deutschen Zeitungswissenschaft“.
Für Groth war „Journalismus das Zeitgespräch der Gesellschaft“. Seine unermüdliche Arbeit zu diesem Thema, selbst in den entbehrungsreichen Jahren zwischen 1933 und 1945, ermöglichte es ihm, sein Opus magnum „Die unerkannte Kulturmacht – Grundlage der Zeitungswissenschaft“ ab 1960 in sieben Bänden erscheinen zu lassen – die beiden letzten Bände posthum.
Sein Forschungsansatz war der soziale Prozess bei der medialen Vermittlung von Alltagswelt-Wissen – also von Informationen über das Tagesgeschehen. Ihm ging es dabei nach der klassischen Definition der Zeitung um Fragen der Aktualität, der Publizität, der Universalität und der Periodik. Wie verlaufen mediale Vermittlungsprozesse? Wie verhalten sich die Mediennutzer? Wie werden die Inhalte von Zeitungen und Zeitschriften genutzt? Wird das Alltagswelt-Wissen nur von den Massenmedien vermittelt? Wie und auf welche Weise?
Inzwischen hat sich das Medienangebot gewaltig verändert – Groth konzentrierte sich auf die Rolle der Zeitungen und Zeitschriften – den Rundfunk behandelte er nur am Rande, das Fernsehen oder die neuen sozialen Medien überhaupt nicht. Dennoch ist sein Werk „Die unerkannte Kulturmacht“ immer noch eine eminent wichtige historische Quelle.
Otto Groth starb am 15. November 1965 in München.
(hhb)
Quellen
Biographisches Lexikon der Kommunikationswissenschaft: Otto Groth
Otto Groth (1998): Vermittelte Mitteilung. Ein journalistisches Modell der Massenkommunikation. Hrsg. v. Wolfgang R. Langenbucher. München: Fischer.