Leopold Sonnemann

Leopold Sonnemann, sein Vorname lautet eigentlich Saul, wurde am 29. Oktober 1831 als Sohn strenggläubiger Juden in Höchberg / Unterfranken geboren. Infolge antisemitischer Ausschreitungen musste die Familie ihre fränkische Heimat verlassen. Zunächst wollte die Familie nach Amerika auswandern, ließ sich dann aber 1840 in Offenbach nieder. Dort übernahm der Vater eine Tuchhandlung. Nach kurzem Besuch der dortigen Realschule trat Leopold Sonnemann schon 1845 in das väterliche Geschäft ein.

Die Ereignisse der März-Revolution von 1848 und das Geschehen um die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche weckten in ihm politisches Bewusstsein. 1849, im Alter von 18 Jahren, erhielt er die Aufenthaltserlaubnis und das Bürgerrecht für Frankfurt. Nach dem Tod seiner Eltern übernahm er deren Geschäft und wandelte es in das Bankunternehmen M.S. Sonnemann Nachfolger um. Seine wirtschaftlichen Erfolge als Bankier und die damit errungene materielle Unabhängigkeit ließen es zu, sich nun auch der Politik und seinen sozialen Anliegen zu widmen. So gründete er 1856 zusammen mit dem Bankier Bernhard Rosenthal ein tägliches Börsenblatt Frankfurter Geschäftsbericht. Dieser trat für Gewerbe- und Zollfreiheit ein, informierte aber auch über Risiken auf dem Aktienmarkt. Nach nur vier Wochen wurde das Blatt zeitungsähnlicher gestaltet, in Frankfurter Handelszeitung umbenannt und war in Handelskreisen bald sehr einflussreich. Weitere drei Jahre später wurde daraus die politisch-wirtschaftliche Gazette Neue Frankfurter Zeitung – Frankfurter Handelszeitung.

 

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1866 wurde Frankfurt/Main von Preußen besetzt, was Sonnemann in seiner Zeitung aufs Schärfste verurteilte. Worauf er vorübergehend nach Stuttgart fliehen musste. Dort im Exil gab er die Neue Deutsche Zeitung heraus und führte sie nach seiner Rückkehr im November 1866 als Alleinunternehmer unter dem Namen Frankfurter Zeitung und Handelsblatt fort. Selbstverständlich weiterhin mit einem reformerisch sozialliberalen Kurs, den er schon zur Paulskirchenzeit vertreten hatte. Ab 1885 gab Sonnemanns Societäts-Druckerei eine weitere Zeitung heraus, die Kleine Zeitung. Als „entschieden freisinniges, echt volksthümliches, interessantes Blatt“ – so dafür die Abonnentenwerbung. Und er ließ in Frankfurt ein eigenes Verlagshaus errichten.

Bis 1902 blieb Leopold Sonnemann Leiter des Verlages und übergab dann die Frankfurter Zeitung – die Vorgängerin der heutigen FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung und schon damals eine überregionale Tageszeitung von Weltruf - an seine Enkel Heinrich und Kurt Simon. Beide führten die Frankfurter Societäts-Druckerei GmbH bis zur Enteignung im Jahr 1933/34 weiter.

Sein Leben lang war Sonnemann politisch aktiv. 1868 als Mitgründer der Deutschen Volkspartei, für die er ab 1871 im Reichstag sitzen durfte, als die neue Reichsverfassung nun die rechtliche Gleichstellung auch für Juden garantierte. Dieses Mandat behielt Sonnemann bis 1884, mit nur kurzer Unterbrechung in den Jahren 1877/78. Seine Frankfurter Zeitung vertrat das liberal-demokratische Parteiprogramm der Deutschen Volkspartei und deren Opposition gegen die autoritäre Politik Bismarcks. Was immer häufiger zu Hausdurchsuchungen, Verboten und Beschlagnahmungen durch die preußische Regierung führte. 1877 ging gegen Sonnemann der zweitausendste Strafantrag ein. Seine Redakteure mussten immer wieder für ihre „journalistischen Vergehen“ im Zuchthaus Ziegenhain einsitzen.

Als Mitglied der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung und in dessen Finanzausschuss setzte er sich engagiert für die weitere Stadtentwicklung ein, etwa für den Bau des Hauptbahnhofs, für die Schaffung des Palmengartens, die Errichtung des ersten Frankfurter Elektro-Kraftwerks oder des Eisernen Stegs über den Main. Als Mäzen sorgte er mit für den Bau des Opernhauses und die Gründung eines Städelschen Museumsvereins. Diese Aktivitäten machten ihn und sein Blatt immer wieder zur Zielscheibe antisemitischer Anfeindungen, gegen die er sich publizistisch engagiert wehrte.

Leopold Sonnemann starb am 30. Oktober 1909 in Frankfurt/am Main.

(hhb)

 

Prof. Dr. Jürgen Wilke: Frankfurter Zeitung – Eine Insel der Freiheit in FAZ vom 16.11.2016

 

Bücher:

Historisches Museum Frankfurt: Frankfurts demokratische Moderne und Leopold Sonnemann / Jude – Verleger – Politiker – Mäzen