Günther Grotkamp wurde im Jahr 1960 vom Verleger Jakob Funke zur WAZ Westdeutsche Allgemeine Zeitung geholt und arbeitete 40 Jahre lang als Medienmanager in verschiedenen Spitzenpositionen des Verlags. Zusammen mit Erich Schumann, der die Interessen der Verlegerfamilie Brost in der WAZ vertrat, entwickelte er die einstige Regionalzeitung WAZ zu einem der bedeutendsten Medienkonzerne Deutschlands, zur heutigen Funke-Mediengruppe.
Günther Grotkamp wurde am 20. Januar 1927 in Essen geboren. Seine Eltern betrieben dort im Stadtteil Werden ein Obst- und Gemüsegeschäft. Nach Schule, kurzem Kriegsdienst und Gefangenschaft studierte Grotkamp Jura und Betriebswirtschaft in Freiburg. Sein Berufsleben startete er 1950 bei der Ruhrgas AG in Essen.
Zehn Jahre später holte ihn der Verleger Jakob Funke zur WAZ, zunächst als Justiziar und Personalchef. Ab 1970 ernannte er ihn zum Bevollmächtigten. Und nach dem Tod von Jakob Funke im Jahr 1975 übernahm Grotkamp dessen Aufgaben als Geschäftsführer der WAZ.
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Grotkamp war schnell zum engsten Mitarbeiter und wichtigsten Vertrauten von Mitverleger Funke geworden, weil er seine als WAZ-Modell bezeichnete Wachstumsstrategie konsequent und mit Erfolg umsetzte. In den 70er Jahren übernahm der WAZ-Verlag schrittweise Mehrheitsanteile an der Westfälischen Rundschau, an der Neuen Ruhr-Rhein-Zeitung sowie an der Westfalenpost. Anders als oftmals gehandhabt durften die Redaktionen dieser Blätter ihre publizistische Unabhängigkeit und damit ihren Charakter behalten. Synergie-Effekte wurden lediglich in den Bereichen Druck und Vertrieb, im Anzeigengeschäft sowie in der Verwaltung gehoben. So konnten die vier Zeitungen der Verlagsgruppe WAZ den gesamten Wirtschaftsraum vom nördlichen Niederrhein bis ins Siegerland weiter auf ihre Leserschaft regional abgestimmt abdecken und hoch profitabel werden.
Schritt für Schritt wurde der Verlag zu einer Medienmacht in Nordrhein-Westfalen. Wo immer Konkurrenzverlage in Schwierigkeit gerieten, war die WAZ mit ihrer stets gut gefüllten Kriegskasse zur Stelle. Grotkamp dazu selbstbewusst: „Die Erfolge der WAZ sind eine Folge der Fehler anderer Verleger.“
Dabei war die Zusammenarbeit zwischen den beiden Eigentümerfamilien Funke und Brost keineswegs leicht, weil alle Entscheidungen vertragsgemäß einstimmig getroffen werden mussten, so wie es die paritätischen Anteile am Verlag vorsahen. Dafür sorgten ab 1978 die beiden Vertreter Günther Grotkamp und Erich Schumann stets nach intensiven Debatten und Abstimmungen – oft zögerlich, aber nur selten falsch.
1986 heiratete Günther Grotkamp Jakob Funkes jüngste Tochter Petra. Nachdem er sich zur Jahrtausend-Wende im Alter von 73 Jahren aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatte, blieb er dem Unternehmen als Ehemann der Miteigentümerin Petra Grotkamp weiter eng verbunden. Sicherlich auch als Berater bei ihrem Kauf der Brost-Anteile im Januar 2012, durch den seine Frau Petra zur Mehrheitseigentümerin an der WAZ-Gruppe wurde. Damals erschienen dort 40 Zeitungen, 175 Publikums- und Fachzeitschriften, rund 100 Anzeigenblätter und 400 Kundenzeitschriften.
Günther Grotkamp starb am 13. Mai 2023, ausgerechnet an jenem Tag, an dem man den 75. Geburtstag der WAZ feiern wollte.
(hhb)
Quellen:
Klaus Boldt: Zeitungsgruppe WAZ / managermagazin 4/2006
Stammeskrieger von der Ruhr / SPIEGEL 36/2011
Grotkamp erwirbt Mehrheit an WAZ-Gruppe / SZ Südd. Zeitung 24.1.2012
Günther Grotkamp: Manchmal hart, aber immer fair / Westfalenpost 16.5.23
Der Mann, der die Zeitungen liebte / WAZ