Heinrich Zille

Rudolf Heinrich Zille wurde am 10. Januar 1858 in der sächsischen Kleinstadt Radeburg bei Dresden geboren. Der Sohn eines Uhrmachers machte sich später einen Namen als "Pinselheinrich", durch seine sozialkritischen wie auch lokalpatriotischen Zeichnungen über das Leben des Berliner Kleinbürgertums.

Zilles Kindheit war offenbar ziemlich unstet; allein in seinen ersten zehn Lebensjahren zog die Familie siebenmal innerhalb von Radeburg um. Entsprechend wenig ist über seine Schulzeit bekannt, nur dass er später in Berlin, wohin die Familie 1867 umgezogen war, einen privaten Zeichenlehrer hatte. Der ihn am Ende seiner Schulzeit 1872 motivierte, eine Lehre als Lithograph zu absolvieren. Während dieser Lehrzeit beim Steinzeichner Fritz Hecht belegte Zille Abendkurse bei Professor Theodor Hosemann auf der Königlichen Kunstschule. Hosemann ermunterte ihn mit diesen Worten: „Gehen Sie lieber auf die Straße hinaus, ins Freie, beobachten Sie selber, das ist besser, als wenn Sie mich kopieren. Ohne Künstler werden zu wollen, können Sie Zeichnen im Leben immer gebrauchen; ohne Zeichnen zu können, sollte kein denkender Mensch sein.“

 

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Quelle: Bundesarchiv Bild 146-1998-029-04, Fotograf Robert Sennecke

1875, nach Ende von Lehre und Studien, arbeitete Zille in verschiedenen Firmen und zeichnete dort Reklamemotive, Damenmoden und dekorative Muster für Gebrauchsgüter. Nebenher porträtierte er bereits Freunde und Kollegen. Weitere graphische Techniken lernte er in der Lithografieanstalt Winckelmann & Söhne kennen, für die einst auch sein Lehrer Theodor Hosemann gearbeitet hatte.

Seit dem 1. Oktober 1877 war er bei der Photographischen Gesellschaft Berlin fest angestellt und blieb dort dreißig Jahre lang, nur unterbrochen von seinem Militärdienst von 1880 bis 1882. In dieser für ihn nicht sonderlich erfreulichen Zeit zeichnete er kritische, aber humorvolle Bilder über das Soldatenleben. Bilder, die später während des Ersten Weltkriegs in den Jahren 1915 und 1916, als Serien veröffentlicht wurden.

 

Nach dem Militärdienst kehrte er zu seinem Arbeitgeber zurück und heiratete im Dezember 1883 Hulda Frieske in Fürstenwalde. Das Ehepaar bekam vier Kinder, von denen eine Tochter und zwei Söhne überlebten.

Zwischen den Jahren 1882 und 1906 wurde Zille auch fotografisch tätig, was man erst lange nach seinem Tod wirklich wahrnahm. Friedrich Luft veröffentlichte 1967 das Buch "Mein Photo-Milljöh" mit etwa 100 Fotos aus dieser Zeit. In einer Vitrine wurden die dazu gehörenden Glasnegative entdeckt sowie 100 Fotoabzüge, für die keine Negative auffindbar waren.

Bekannt und berühmt wurde Heinrich Zille durch seine humorvollen Kreide- und Kohlezeichnungen über das "Berliner Milljöh". Die wurden zunächst in Zeitschriften wie Simplicissimus, Jugend - Münchner Illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben, Die Lustigen Blätter veröffentlicht. Später kamen auch Lokalzeitungen dazu, wie das 8-Uhr-Abendblatt, die Berliner Illustrirte Zeitung, die Berliner Morgenpost und das Berliner Tageblatt sowie jede Menge Witzblätter, Stadtteilzeitungen oder Magazine für Kunst, Kultur, Literatur, Mode, Rundfunkprogramme und anderes mehr.

1903 wurde Zille auf Betreiben von Max Liebermann von der Berliner Secession aufgenommen, einer Künstlergruppe, der neben Liebermann auch Walter Leistikow und Franz Skarbina angehörten. Zille verkaufte Künstlerdrucke und, wie damals üblich, Mappen mit Handzeichnungen und Radierungen. 1924 wurde Zille zum Professor ernannt und Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. Kurt Tucholsky bezeichnete den stadtbekannten Humoristen am 20. Januar 1925 in der Weltbühne als „Berlins Bester“.

In seinen letzten Lebensjahren schuf Zille Berliner-Milieustudien für die Satirezeitschrift Ulk. Da litt er bereits heftig an Gicht und Diabetes. 1929 bekam er zwei Schlaganfälle. Heinrich Zille zog sich in sein Haus zurück, wo er am Morgen des 9. August starb.

Von Berlin erhielt er ein Ehrengrab auf dem Südwestkirchhof in Stahnsdorf. Und Kurt Tucholsky ehrte ihn erneut auf seine Weise mit einem Gedicht in der Weltbühne - Zilles ungeschminkte Darstellungen auch der Schattenseiten Berlins, mit dem sozialen Elend in den Kellerwohnungen und auf Hinterhöfen: „Du hast jesacht wies is!“

(hhb)

 

ZilleMuseum, Propststraße 11, 10178 Berlin