Emil Orlik wurde am 21. Juli 1870 in Prag geboren, als Sohn eines jüdischen Schneidermeisters. 1889 machte er sein Abitur am Neustädter Gymnasium, besuchte 1889 bis 1891 in München die private Malschule von Heinrich Knirr und danach die Akademie der Bildenden Künste. 1894 kehrte er nach Prag zurück, um seinen Militärdienst abzuleisten.
1896 folgte er seinem Freund Rainer Maria Rilke nach München, wo er Mitarbeiter der Zeitschrift Jugend und der Münchner Illustrierten Wochenschrift für Kunst und Leben wurde. Auch in der Kunstzeitschrift Pan wurden einige seiner Arbeiten abgedruckt. Im Jahr darauf richtete er sich ein Atelier in Prag ein, pendelte von dort aber häufig nach Berlin und Wien, wo er 1899 Mitglied der Wiener Sezession geworden war. In diesen Jahren hat er zudem intensiv mit Farbholzschnitten experimentiert, zusammen mit seinem Kollegen Bernhard Pankok. Folgerichtig unternahm er um die Jahrhundertwende eine Reise nach Japan, denn japanische Farbholzschnitte wurden in der Zeit des Jugendstils auch für diesen als stilbildend empfunden. Nach seiner Studienreise wandte Orlik solche fernöstlichen Drucktechniken für seine eigenen Holzschnitte und Radierungen an. Vorübergehend, ohne allzu sehr im sogenannten Japonismus zu verharren.
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1904 zog er als Mitglied der Wiener Secession ganz nach Wien und veröffentlichte in deren Zeitschrift Ver Sacrum er mehrere Arbeiten. In Wien gehörte er zum Kreis um Gustav Klimt, freundete sich mit Ferdinand Hodler an und profilierte sich zunehmend als Porträtist.
Im Jahr darauf wurde er Vorstandsmitglied im Deutschen Künstlerbund, der auf Initiative des Kunstmäzens Harry Graf Kessler gegründet worden war. Im gleichen Jahr erhielt er einen Ruf als Professor an die Staatliche Lehranstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums, als Leiter der Graphik-Klasse. Zu seinen Schülern gehörten Karikaturisten und Pressezeichner wie Josef Fenneker, George Grosz oder Oskar Nerlinger. Mit dieser Fachklasse für graphische und Buchkunst gehörte Orlik bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zu den wohl einflussreichsten und gesuchtesten Lehrern für Gebrauchsgraphik. Erst nach der Gründung des Bauhauses 1919 in Weimar verlor er nach dorthin viele seiner Schüler.
Emil Orlik selber gehörte als Porträtgraphiker zu den sogenannten Berliner Kopfjägern. Von ihm gezeichnete Köpfe waren im 8-Uhr-Abendblatt zu sehen, in der Berliner Abendpost, der Berliner Illustrirte Zeitung, im Berliner Tageblatt, der B.Z. am Mittag, in der Gartenlaube, im Junge Deutschland, Der Querschnitt oder Sport im Bild. Dort druckte man seine Porträts etwa von Ernst Barlach, Bruno Cassirer, Otto Dix, Gerhart Hauptmann, Max Klinger, Käthe Kollwitz, Gustav Mahler, Alexander Moissi, Rainer Maria Rilke, Jacob Wassermann, aber auch von ganz normalen Zeitgenossen, etwa von einem Zeitungsverkäufer. Sogar bei der deutsch-russischen Friedenskonferenz in Brest-Litowsk war Orlik als Pressezeichner tätig.
Zweifellos zählt Emil Orlik zu den führenden Porträtisten des 20. Jahrhunderts. Und Zeichnern wie ihm bot Berlin, vor allem in der Zeit der Weimarer Republik, viele Arbeitsmöglichkeiten. In diesen Golden Twenties war Berlin zu einer Medienmetropole geworden, mit Sitz von drei Zeitungskonzernen: Mosse, Scherl und Ullstein. Und nie gekannter Zeitungsvielfalt: 45 Morgenzeitungen, zwei Mittags- und 14 Abendzeitungen. Und dazu noch zahlreiche Zeitschriften.
In dieser Nachkriegszeit war er von 1922 bis zu seinem Tod im Jahr 1932 Mitglied der Preußischen Akademie der Künste. Und unternahm er immer wieder Reisen nach Südeuropa, nach Frankreich und England, um dort die neuesten Tendenzen der modernen Kunst kennenzulernen. Der Vielgewanderte, wie er sich in seinem autobiographischen Text Aus meinem Leben selber bezeichnete, war auf vielen großen Kunstausstellungen präsent.
Sein Schüler und Nachfolger Gerhard Ulrich beschrieb ihn „als Inbegriff quirliger, weltoffener Betriebsamkeit, ein Unverwüstlicher und Unentwegter, der nichts auslassen kann und – wie man sagt – auf jeder Hochzeit tanzen muß.“
Im Juni 1932 ließ Orlik sich vorzeitig pensionieren und starb nur kurze Zeit darauf am 28. September 1932 in Berlin.
(hhb)