Benedikt Fred Dolbin

Der österreichische Pressezeichner Benedikt Fred Dolbin wurde als Fred Pollak am 1. August 1883 in Wien geboren. Ein Mann mit breit gefächerten Interessen und Begabungen. Zunächst studierte er von 1902 bis 1910 an der TH Wien Ingenieurwissenschaften und arbeitete danach 10 Jahre als Diplom-Ingenieur für die Baugesellschaft Waagner, Biro & Kurz. Aus diesem Grund wurde er während des Ersten Weltkriegs als unabkömmlich vom Militärdienst freigestellt.

Schon während seines Studiums hatte er vorübergehend als Balladensänger im Wiener Künstlerkabarett „Nachtlicht“ mitgewirkt und zudem bei Arnold Schönberg Kompositionsunterricht genommen. Seinen Namen änderte er im Jahr 1912 – wohl vor seiner ersten Eheschließung mit der Musikwissenschaftlerin Else Rethi.

Er war Mitglied der Künstlergruppe „Die Bewegung“ und begann ab 1917 intensiv zu zeichnen. Durch seine Anwesenheit in den Wiener Kaffeehaus-Kreisen lernte er Dichter, Künstler und Journalisten kennen und porträtierte sie, auch zur Veröffentlichung in einigen Wiener Zeitungen wie Der Tag. Ab 1920 zeichnete er nicht nur für den Wiener Tag, sondern auch für die Wiener Allgemeine Zeitung, das Wiener Tageblatt, Der Morgen, Der Abend oder das Illustrierte Wiener Extrablatt. Von da an konzentrierte sich Dolbin ganz auf solche Pressezeichnungen.

 

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Copyright: Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund, Nachlass Dolbin

1926 übersiedelte er nach Berlin, arbeitete auch als Kunstkritiker, als Illustrator von Büchern und zeichnete eindrückliche Porträts von Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Wirtschaft und Sport, die er als seine Kopf-Stenogramme bezeichnete. Zunächst für das Berliner Tageblatt, den Querschnitt und die gerade von Willy Haas gegründete Literarische Welt. Bald verlangten andere Zeitungen und Zeitschriften seine Zeichnungen, zu einer Zeit, als sich die Pressefotografie noch in Kinderschuhen steckte. Das waren die Berliner Illustrirte, die B.Z., Die Dame, Dampfboot, Deutsche Tageszeitung, Der Montag, Querschnitt, Volksblatt oder Zeitbilder, um nur einige zu nennen. Den Grund für diese große Nachfrage beschrieb die Kunsthistorikerin Professor Irmgard Wirth, als sie im Jahr 1977 eine Ausstellung über Berliner Pressezeichner der Zwanziger Jahre im „Berlin Museum“ kuratierte: „Dolbin hatte den sicheren enthüllenden Blick für sein Gegenüber und die Fähigkeit, ihn in seiner Eigenart mit wenigen kühnen und treffsicheren Strichen zeichnerisch vollendet wiederzugeben.“

Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde seine Arbeit als Pressezeichner immer schwieriger. Zunächst wurde er 1933 aus der Pressekammer ausgeschlossen und erhielt 1935 wegen seiner jüdischen Herkunft Berufsverbot. Wegen seiner österreichischen Staatsbürgerschaft blieb er aber zunächst unbehelligt.

1935 entschloss er sich schließlich zur Emigration und übersiedelte mit seiner dritten Frau Ellen Herz, die die amerikanische Staatsbürgerschaft besaß, in die USA. Das Ehepaar ließ sich in New York nieder. Wo Dolbin jedoch anfangs nicht an seine früheren Erfolge in Europa anschließen konnte, weil sein Stil nicht den Vorstellungen amerikanischer Medien entsprach. So musste seine Frau die Familie zunächst als Hutmacherin über Wasser halten. Dolbin blieb in Kontakt mit anderen Exilanten, wie Max Reinhardt, Franz Werfel oder Kurt Weill. Von ihnen entstanden in den Vereinigten Staaten neue Porträts. Auch ein paar politische Karikaturen konnte er in Free World, The Nation, in Fortune und in der Emigrantenzeitung Aufbau unterbringen.

Nach Kriegsende erinnerte man sich an sein Werk: Seine Zeichnungen wurden ausgestellt und wieder publiziert. Fred Dolbin starb am 31. März 1971 in Jackson Heights bei New York.

(hhb)