Eugen Kogon war Publizist, Soziologe und Politikwissenschaftler. Wegen seiner Gegnerschaft zum Nationalsozialismus wurde er von 1939 bis 1945 im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert. Über den Terror des Nazi-Regimes schrieb er sein wichtiges Buch „Der SS-Staat“. Nach dem Krieg aber richtete er seinen Blick nach vorn, setzte sich für einen christlich-demokratischen Sozialismus ein und für die europäische Integration.
Eugen Kogon wurde am 2. Februar 1903 in München als uneheliches Kind geboren. Nachdem seine Mutter starb, wuchs Kogon zunächst in einer katholischen Pflegefamilie auf. Mit elfeinhalb Jahren kam er in das niederbayerische Benediktiner-Internat Schweiklberg bei Vilshofen, wo es wie in einer Kadettenanstalt zugegangen sein soll. Als Siebzehnjähriger wechselte er ins Ordensinternat der Dominikaner St. Thomas, wo sein literarisches Interesse und seine rhetorische Begabung nun gefördert wurden.
Nach seinem Abitur 1922 studierte er in München Nationalökonomie und Soziologie. In Florenz wurde er Sekretär eines Schriftstellers und lernte dort den italienischen Faschismus kennen. In Wien setzte er sein Studium fort und promovierte dort 1927 zum Doktor der Philosophie mit einer Studie über „Faschismus und Kooperativstaat“.
Der Historiker Prof. Dr. Eugen Kogon hält die Eröffnungsrede zur "Rolle der Sozialwissenschaften in der Industriegesellschaft"; Kieler Universitätstage 1970 an der Christian-Albrechts-Universität (CAU)
Copyright: Von Magnussen, Friedrich (1914-1987), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=70259096
Ab 1928 arbeitete er in Wien als Redakteur und bald darauf als stellvertretender Chefredakteur der katholischen Zeitschrift Schönere Zukunft. Darin verantwortete er die Allgemeine Weltrundschau und kommentierte dort die Innen- und Sozialpolitik des Auslands. Weiterhin schrieb er Artikel für andere Medien, für die Die Neue Zeitung, den Österreichischen Beobachter, das Abendland, Neue Ordnung oder Hochland.
Als engagierter Gegner des Nationalsozialismus wurde Kogon 1936 und 1937 von der Gestapo zweimal in Deutschland für jeweils kurze Zeit festgenommen, weil er deutsche Emigranten in Österreich, in der Tschechoslowakei und in der Schweiz von Wien aus mit Geld unterstützt hatte. Was ihm mit Hilfe des Prinzen Philipp Josias von Sachsen-Coburg-Gotha möglich war, dessen Vermögen er in dieser Zeit verwaltete. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 erfolgte seine dritte Festnahme. Nach Monaten in einem Wiener Gefängnis wurde Kogon im September nach Buchenwald überstellt, wo er bis April 1945 inhaftiert blieb. Er überlebte als Arztschreiber mit Hilfe des SS-Arztes Erwin Ding-Schuler, der ihn wenige Tage vor Befreiung des Lagers in einer Kiste versteckt aus dem KZ schmuggelte und ihn so vor der geplanten Exekution bewahrte.
Nach Kriegsende unterstützte er als Berater die Psychological Warfare Division der US-Armee in Bad Homburg und verfasste dort sein Buch „Der SS-Staat: Das System der deutschen Konzentrationslager“, das 1946 erschien. Ein Standardwerk, durch das die deutsche Bevölkerung klar und deutlich über die NS-Verbrechen aufgeklärt wurde. Damit war Schluss mit noch weit verbreiteten Schönfärbereien der Nazi-Zeit. Kogon sagte 1947 auch als Zeuge der Anklage beim Nürnberger Ärzteprozess und beim Buchenwald-Hauptprozess aus.
Schon im September 1945 hatte Kogon zusammen mit den Publizisten Walter Dirks und anderen die „Frankfurter Leitsätze“ verfasst, als Programm für eine Volkspartei mit wirtschaftlichem Sozialismus auf demokratischer Grundlage. Daraus wurde später das Gründungsprogramm der hessischen CDU sowie der hessischen Landesverfassung.
1946 gründeten Kogon, Dirks und Clemens Münster die Frankfurter Hefte, eine Zeitschrift für Politik und Kultur mit linksliberaler Linie und anfangs zunächst aufs linkskatholische Milieu ausgerichtet. Kogon, der mit den katholischen Universalisten sympathisierte, die den Kapitalismus sozialreformerisch beseitigen wollten, wandte sich frühzeitig von der CDU Adenauers ab, spätestens als dieser für den althergebrachten wirtschaftsfreundlichen Kapitalismus eintrat und schließlich sogar eine Wiederbewaffnung forderte. Als Lehre aus der Zeit des Nationalsozialismus wollte Kogon eigentlich keinen klassischen Nationalstaat mehr, sondern lieber gleich den Aufbau einer europäischen Republik vorantreiben. Darum wurde er 1949 auch erster Präsident der EUD Europa-Union-Deutschland.
1951 berief ihn die Technische Hochschule Darmstadt auf ihren gerade eingerichteten Lehrstuhl für Politikwissenschaft. Dort lehrte er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1968. 1964 war Kogon kurzzeitig Leiter und Moderator des ARD-Politmagazins „Panorama“, was ihn weithin bekannt machte.
1968 erhielt er die Wilhelm-Leuschner Medaille des Landes Hessen; 1977 wurde ihm der Gustav-Heinemann-Bürgerpreis verliehen und 1980 wurde er mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet. 1982 erhielt er den Hessischen Kulturpreis und 1985 den Preis der Internationalen Liga gegen Rassismus und Antisemitismus.
Seinen Lebensabend verbrachte Eugen Kogon in Königstein/Taunus. Dort starb er am 24. Dezember 1987.
Seit dem Jahr 2002 vergibt die Stadt Königstein einen Eugen-Kogon-Preis an Persönlichkeiten oder Institutionen, „die sich den Grundwerten lebendiger Demokratie verpflichtet fühlen, ihr Leben in den Dienst dieser Werte stellen und dabei so erfolgreich waren, dass dies auch an ihrer öffentlichen Bedeutung ablesbar ist.“
(hhb)
Quellen:
Björn Höfer: Eugen Kogon / in Geschichte der CDU
Tom Hillebrand: Eugen Kogon – öffentlicher Intellektueller und gewissenhafter Mahner / Friedrich Ebert Stiftung
Christian Linder: Unbequemer Mahner und Menschenfreund / Deutschlandfunk Kultur am 24.12.2012
Ansgar Lange: Eugen Kogon als christlicher Publizist / Die Neue Ordnung
Bücher:
Eugen Kogon: Der SS-Staat – Das System der deutschen Konzentrationslager