Edmund Goldschagg

Edmund Goldschagg, ein der Sozialdemokratie nahestehender Journalist und Verleger und während der Nazi-Zeit mit Berufsverbot belegt, gehörte nach Kriegsende zu den Gründern der SZ Süddeutsche Zeitung. Er war bis 1951 deren erster Chefredakteur und danach bis zu seinem Tod im Jahr 1971 einer ihrer Mitherausgeber.

Edmund Goldschagg wurde am 11. Oktober 1886 in Freiburg im Breisgau als Sohn eines Schriftsetzers geboren. In Freiburg besuchte er nach der Volksschule die Oberrealschule, bis seine Familie nach Karlsruhe umzog, wo sein Vater die Leitung der Druckerei des neu gegründeten SPD-Parteiorgans Der Volksfreund übernommen hatte. In Karlsruhe wechselte er auf ein Gymnasium. 1904 zog die Familie ins Elsass nach Mühlhausen, wo der Vater eine andere Druckerei leiten sollte – dort machte Edmund Goldschagg 1906 sein Abitur. Anschließend studierte er in München, Berlin und Heidelberg Geschichte und Wirtschaftswissenschaften.

1913 verließ er die Universität Heidelberg ohne Abschluss, um Journalist zu werden. Im gleichen Jahr wurde er SPD-Mitglied. Im Januar 1914 begann er als Volontär bei der sozialdemokratischen Volksstimme Chemnitz, wo Gustav Noske damals Chefredakteur war. Schon im Oktober des Jahres wurde er eingezogen und kurz darauf bei einer Patrouille in den Vogesen schwer verwundet. Nach einem Lazarett-Aufenthalt kehrte er im Frühjahr 1915 zu seiner Einheit an der Westfront zurück, wurde im Dezember zum Offizier befördert und war damit der angeblich erste Offizier mit sozialdemokratischem Parteibuch in der kaiserlichen Armee. Im September 1916 geriet er in französische Gefangenschaft, aus der er erst im Dezember 1919 wieder entlassen wurde.

 

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Vergabe der ersten Lizenz in der amerikanischen Besatzungszone an die Süddeutsche Zeitung: Redaktionssitzung der drei Lizenzinhaber in München, v.l. Verleger August Schwingenstein, Politikredakteur Edmund Goldschagg und Kunstkritiker Franz Josef Schöningh

Copyright: ullstein bild - dpa

Ab 1920 arbeitete er in Berlin für die neu geschaffene Sozialistische Korrespondenz fürs In- und Ausland und danach von 1922 bis 1927 für den daraus entstandenen Sozialdemokratischen Pressedienst.

Von 1927 bis 1933 war Goldschagg dann leitender Redakteur für Innen- und Außenpolitik bei der Münchener Post, die noch in der Woche vor ihrem Verbot am 3. März 1933 mit der Headline erschienen war: „Wir lassen uns nicht einschüchtern!“

Daraufhin wurden mehrere Journalisten verhaftet und Goldschaggs Wohnung von der Gestapo durchsucht – er aber konnte rechtzeitig in Freiburg untertauchen. Im Januar 1934 kam er für einige Wochen in Schutzhaft, weil er seiner Frau kritische Briefe geschrieben und am Rand eines beigefügten Presseausschnitts über „Ehe (als) Wurzel des Deutschtums“ die Namen Hitler und Röhm mit Ausrufezeichen angefügt hatte.

Wegen seines Berufsverbots als Journalist arbeitete er ab 1936 als Setzer und Korrektor für die kleine Druckerei seines Bruders in Freiburg, bis er 1940 im Alter von 54 Jahren als Kompanieführer zu einer Baukompanie eingezogen wurde. Nach zwei Monaten wurde er aber wegen seiner politischen Vergangenheit wieder entlassen und arbeitete von da an im Wirtschafts- und Ernährungsamt Freiburg-Land, wo er für die Verteilung von Lebensmittelmarken zuständig war.

In all diesen Jahren versteckte die Familie Goldschagg die von Deportation bedrohte jüdische Sozialarbeiterin und Schriftstellerin Else Rosenfeld, die nicht mehr wie ihr Ehemann, ein Abgeordneter im Preußischen Landtag, rechtzeitig hatte auswandern können.

Nach Kriegsende erhielt Goldschagg zusammen mit August Schwingenstein und Franz Josef Schöningh von der amerikanischen Militärregierung die Lizenz für die Herausgabe der SZ Süddeutsche Zeitung. Vermutlich, weil er in einem Fragebogen seine Vorstellung für eine zukünftige deutsche Presse so beschrieben hatte:

„Aufgabe der deutschen Presse ist vor allem die Erziehung des deutschen Volkes zu einer demokratischen Weltanschauung, zur Abkehr von jeder Machtpolitik im Innern und nach außen; zu einer Verständigung unter den Völkern auf friedlichem Wege, also vor allem zur Bekämpfung des militaristischen Geistes, wie er im deutschen Volke tief verwurzelt ist und von dem Nationalsozialismus noch besonders groß erzogen wurde.“

Was auch dazu beigetragen haben dürfte, dass Joseph Dunner, damals Leiter der „Press Control“ in München, sich für Goldschagg als Chefredakteur für die SZ entschied. Sein Leitartikel in der ersten Ausgabe der Süddeutschen Zeitung am 6. Oktober 1945 lautete „Abkehr - Einkehr“ und beschäftigte sich mit dem demokratischen Vorbild der amerikanischen Besatzungsmacht.

 

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Chefredakteur blieb er bis 1951 und danach weiterhin Mitherausgeber der SZ sowie Gesellschafter des Süddeutschen Verlags. An seinem 70. Geburtstag wurde ihm 1956 als erstem Journalisten Bayerns das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Er war Vorstandsmitglied im Münchner Deutsch-Amerikanischen Club, der in den 50er Jahren als deutschlandweiter Verband den Studentenaustausch zwischen Deutschland und den USA förderte und verschiedene Jugendprogramme auflegte.

Edmund Goldschagg starb am 7. Februar 1971 in München.

(hhb)

 

Quellen:

München-Wiki: Edmund Goldschagg

Jörg Reiser: August Schwingenstein 1881-1968 (Dissertation)

Chemnitzgeschichte: Edmund Goldschagg

Die Geburt der Süd­deutschen Zeitung / Süddeutsche Zeitung 6.10.2020

 

Bücher:

Hans Dollinger: Edmund Goldschagg 1886 – 1971 / Das Leben eines Journalisten, Sozialdemokraten und Mitgründers der Süddeutschen Zeitung