Der Konkurs ihres zweiten Ehemanns zwang Bella Fromm, ihren Lebensunterhalt selbst zu sichern. Durch gute Kontakte in die Berliner Gesellschaft und zum Berliner Ullstein Verlag konnte sie eine Karriere als vielgelesene Journalistin machen. Die Nationalsozialisten belegten sie als Jüdin mit Berufsverbot. 1938 flüchtete sie in die USA und veröffentlichte dort einen Bestseller über ihr Leben unter dem NS-Regime.
Bella Fromm wurde am 20. Dezember 1890 als Tochter eines wohlhabenden Weinhändlers im unterfränkischen Kitzingen geboren. Sie wuchs behütet auf dem elterlichen Landsitz im Maintal auf. 1911 heiratete sie einen Berliner Kaufmann, von dem sie sich 1919 scheiden ließ. Während der folgenden Inflation verlor sie ihr gesamtes geerbtes Vermögen, ihr zweiter Mann ging bankrott, und sie begann als Journalistin zu arbeiten, gute Kontakte in die Berliner Gesellschaft halfen ihr dabei. Sie schrieb für das Grunewald Echo, war Sportreporterin für das 12 Uhr Blatt, die Hamburger Zeitung und das Clubblatt des noblen Tennisvereins Rot-Weiß. Als Gesellschaftsreporterin lieferte sie Texte für das 12 Uhr Blatt, die B.Z. am Mittag, den Berliner Börsenkurier und die Vossische Zeitung. Dort veröffentlichte sie auch ihre regelmäßige Kolumne Berliner Diplomaten unter ihrem Namen, eine besondere Auszeichnung, weil Autorenzeilen in diesem Blatt eine Ausnahme waren. Sie hatte beste Kontakte zu Prominenten aus Politik, Gesellschaft und Adel. Ihre Cocktailpartys waren gefragt. Sie selbst hatte so viele Einladungen, dass sie zeitweise zwei Sekretärinnen beschäftigte.
Copyright: unbekannt; Buchtitel https://biblio.co.uk/book/blood-banquets-berlin-social-diary-fromm/d/479821635
Neben ihren Zeitungstexten schrieb sie bis zu ihrer Ausreise in die USA ausführlich Tagebuch, in dem sie ihre Beobachtungen schonungslos notierte.
1934 belegte die NS-Regierung sie als Jüdin mit Berufsverbot. 1935 reiste sie zu ihrer Tochter aus erster Ehe, die in die USA ausgewandert war. Obwohl sie schon damals von den Konzentrationslagern wusste, ihr Onkel war 1933 eine Woche inhaftiert gewesen, kehrte sie nach Berlin zurück. Als gut vernetzte Reporterin hatte sie enge Beziehungen zu Diplomaten und auch die Nazi-Kreise. Sie unterstützte die Arbeit von Leo Baeck, dem Präsidenten der Reichsvertretung der Deutschen Juden. Dafür nutzte sie ihre guten Kontakte zu ausländischen Botschaften und konnte Visa beschaffen. Im September 1938, zwei Monate vor der Reichspogromnacht, verließ sie Deutschland. Ein letzter Eintrag im Tagebuch vom 1. September 1938 lautet: „Der Polizeipräsident, Graf Helldorf, hat eine außerordentlich gute Einnahmequelle. Er beschlagnahmt die Pässe von Emigranten, die noch vermögend sind, und verkauft sie ihnen dann zu einem Betrag, den er aus ihnen herauspressen kann, zurück. Es wird bezahlt. Kein Preis ist zu hoch, wenn man die Freiheit dafür kaufen kann.“
In New York arbeitete sie zunächst als Näherin, Serviererin und Sekretärin. Ein befreundeter Journalisten-Kollege empfahl ihr, die Erlebnisse in Nazi-Deutschland als Tagebuch aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Das Buch „Blood and Banquets – A Berlin Social Diary 1933-1938“ erschien 1942 in den USA und wurde ein Bestseller. Bella Fromm schildert darin mit Spott und wachsender Sorge den Aufstieg der braunen Machthaber. Sie ging damit für Monate auf eine gutdotierte Lesereise. Sie zitiert darin Dr. Carl Miersch, langjähriger politischer Redakteur der Vossischen Zeitung, der ihr zu ihrem ersten Manuskript gesagt hatte: „Das ist bezaubernd, Bella, sehr bezaubernd, aber viel zu respektlos. Sie müssen noch viel lernen über gesellschaftliche Berichterstattung. Ein Gesellschaftsreporter schreibt nicht wirklichkeitsgetreu. Merken Sie sich einfach: Jede Botschaftergattin ist eine Schönheit. Jeder Gesandter ein exzellenter Politiker.“ Das Buch kam posthum 1993 in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Als Hitler mir die Hand küßte“ im Rowohlt Verlag heraus.
Nach Ende des 2. Weltkriegs besuchte Bella Fromm Deutschland regelmäßig. Für ihre Bemühungen um die deutsch-amerikanische Freundschaft wurde ihr 1958 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen. Sie starb am 9. Februar 1972 in New York.
(ms)
Quellen
John V.H. Dippel: Die große Illusion. Warum deutsche Juden ihre Heimat nicht verlassen wollten. Beltz Verlag, Weinheim und Quadriga, Berlin 1997, ISBN 3-88679-285-4
Nea Matzen: Bella Fromm – Viele Leben in einem: Societylady, Journalistin, Bestsellerautorin im Exil. in: Medien&Zeit, September 2009, S. 28–56.
Henry Ashby Turner, Jr.: Two Dubious Third Reich Diaries. In: Central European History 33 (2000), No. 3, S. 415–422.
Bücher
Blood and Banquets. A Berlin Social Diary. London/New York 1942, mehrere Auflagen
... und war doch umsonst: Roman. Würzburg: Olympia-Verlag [circa 1955] Neuauflage: Würzburg: Zettner [1967]
Als Hitler mir die Hand küsste. Berlin: Rowohlt Berlin 1993, ISBN 3-87134-061-8; Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1994 (Rororo 9766: rororo-Sachbuch) ISBN 3-499-19766-9