August Scherl Verlag

August Scherl war ein Berliner Großverleger. Ausgangspunkt seiner Mediengruppe war 1883 die Gründung eines neuen, vorwiegend durch Anzeigen finanzierten Zeitungstyps, des „Berliner Lokal-Anzeiger“. Eine Art Generalanzeiger, damals bezeichnet als „Central-Organ für die Reichshauptstadt“.

Als Generalanzeiger bezeichnete man aktuelle Tageszeitungen mit großer Auflage, die sich als politisch und konfessionell unabhängig darstellten. Das Credo solcher Massenblätter lässt sich in etwa so umschreiben: „Nachrichten sind wichtiger als Kommentare - Unterhaltung und in Grenzen Belehrung statt Meinungsbildung.“

Dennoch wurde dem „Berliner Lokal-Anzeiger“ eine Nähe zum preußischen Herrscherhaus nachgesagt, denn August Scherl war, wie schon sein Vater, überzeugter Monarchist. Ab August 1914 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gab der Berliner Lokal-Anzeiger auch die „Deutsche Kriegszeitung“ heraus, als wöchentliches Bilderblatt.

Weitere Zeitungen und Zeitschriften von Scherl waren die „Berliner Abendzeitung“ (1889), „Neueste Berliner Handels- und Börsennachrichten“ (1894), die erste deutsche Sport-Zeitschrift „Sport im Bild“ (1895), dann „Die Woche - Moderne Illustrierte Zeitung“ oder die Sportzeitung „Sport im Wort“ (beide 1899) und ein Jahr später die Tageszeitung „Der Tag“.

1904 kaufte Scherl „Die Gartenlaube“ und übernahm 1905 die Familienzeitschrift „Praktischer Wegweiser“.

Der Niedergang von Scherls Imperium begann bereits 1911, als sein Konkurrent Mosse eine finanzielle Schieflage Scherls ausnutzte und Anteile am Scherl-Verlag erwarb. Scherl streute daraufhin das Gerücht, ausgerechnet der jüdische Mosse-Konzern wolle den konservativ-monarchistischen Scherl-Verlag übernehmen. Darüber war man nicht nur bei Hofe irritiert; ein eigens von „59 Herren“ in Düsseldorf gegründeter „Deutscher Verlagsverein“ erwarb daraufhin 1914 die Mehrheit am Scherl-Verlag und August Scherl gab daraufhin die Geschäftsführung ab. Zweck dieses Vereins waren „Erwerb und Verwaltung der Stammanteile der August-Scherl GmbH Berlin“. Wegen Überschuldung musste besagter Verein schon ein Jahr später die preußische Regierung um ein Darlehen bitten, um acht Mio. Mark mit einer Laufzeit von zehn Jahren, unverzinst. Dieses Geld wurde letztendlich von Ruhrindustriellen wie Kirdorf oder Krupp zur Verfügung gestellt, animiert von Alfred Hugenberg (damals Mitglied im Direktorium der Friedrich Krupp AG), der nun Vorsitzender im Scherl-Aufsichtsrat wurde und dort die Macht übernahm.

1916 übernahm Alfred Hugenberg endgültig die ehemaligen Scherl-Medien vom Deutschen Verlagsverein. Diese Medien entwickelten sich in den 20er Jahren zu finanziell geförderten Sprachrohren der Deutschnationalen Volkspartei DNVP und wurden dem national-konservativen Hugenberg-Konzern einverleibt, der sich mit Hilfe seiner Inflationsgewinne die Eigentumsmehrheit an Scherl schließlich endgültig sichern konnte.

 

article picture