Mittelständische Unternehmensstruktur entscheidend für Pressevielfalt

Beitrag von Roland Pimpl aus Horizont vom 12. Februar 2025

Das demokratie-theoretische Leitbild der Pressevielfalt hängt stark an der Relation der Unternehmensgrößen der Medienunternehmen. Gerade die mittelständischen Medienbetriebe sichern mit ihrer Vielzahl an eigenständigen Redaktionen in besonderem Maße das hohe Gut der Pressevielfalt für unsere Demokratie. Diesen bedeutenden Zusammenhang hat der renommierte Medienjournalist des Branchenfachblatts „Horizont“ Roland Pimpl in seinem Beitrag ► „Wie Bürokratie und Regulierung der Pressevielfalt entgegenwirken“ aufgezeigt, aus dem wir freundlicherweise auszugsweise zitieren dürfen.

Denn Pressevielfalt entsteht laut Pimpl weniger, wenn ein großes Medienhaus zehn Titel, Website-Marken oder Sender dirigiert – sondern doch eher, wenn zehn kleinere Publisher je ein Angebot führen. Schließlich nutzten die Großen für ihre Produkte oft Content-Synergien, Zentralredaktionen und Redaktionspools. Außerdem möchten manche von ihnen, als Pressehäuser gemäß Betriebsverfassungsgesetz als Tendenzbetriebe besonders geschützt, bei ihnen wichtigen politischen Fragen eine titelübergreifende publizistische Haltung zeigen, bisweilen sogar festgeschrieben in Statuten, siehe Axel Springers Unternehmensverfassung. Auch das ist natürlich völlig okay und verständlich – aber eben per se kein Treiber für echte Pressevielfalt, wenn solche Ausrichtungen für alle Angebote eines großen Medienhauses gelten.

Mehrere kleinere Medienhäuser wären dafür zielführender, denn Pressevielfalt entsteht vor allem im Mittelstand. Auch beim Spiegel zum Beispiel sollte man sich von dessen publizistischer Breitenwirkung nicht blenden lassen – der Verlag dahinter ist Mittelstand, mit einem Jahresumsatz von knapp 250 Millionen Euro. Axel Springer kam zuletzt auf 15-mal so viel. An dieser Stelle kommt wieder die Politik ins Spiel, die in Berlin und die in Brüssel. Und die Regulierung und Bürokratie, die sie allen Unternehmen auferlegt, Medienhäusern ebenso wie Schraubenfabriken. Zuletzt kam und künftig kommt da einiges auf sie zu: Verschärfungen beim Verbraucher- und Arbeitnehmerschutz (Zeiterfassung!); Berichtspflichten in Sachen ESG, im Rahmen des Lieferkettengesetzes und der CSRD-Richtlinie; Produktvorgaben laut der Ökodesign-Verordnung; Website-Vorgaben gemäß dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz; Sanierungsvorgaben nach der Gebäude-Energieeffizienz-Richtlinie; Transaktionsvorschriften (E-Rechnung!) und Meldepflichten im Rahmen des Wachstumschancengesetzes; Vorschriften zum Umgang mit Daten und, für Web-Publisher, mit personalisierter Werbung. Speziell Print-Verlage (und Grossisten und Kioske) harren noch der EU-Entwaldungsverordnung. Und so weiter ...

Ähnliches gilt auch für Zeitungsketten wie die von Funke, Madsack oder SWMH gegenüber Häusern mit weniger Titeln. Die steigenden Bürokratiekosten spüren alle – doch die kleinen Verlage spüren sie stärker. Im intramedialen Wettbewerb bedeutet das: Relativ gesehen profitieren die Großen oft sogar von Gesetzgebung, Regulierung und bürokratischen Aufrüstungspflichten. Sie können diese Kosten qua Marktmacht und Skaleneffekte außerdem leichter auf ihre Produktpreise umwälzen. Von ihren größeren steuerlichen "Gestaltungsspielräumen" ganz zu schweigen.

(jh)

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