Verlag Rudolf Mosse

Rudolf Mosse startete 1867 in Berlin mit einer so genannten „Annoncen-Expedition“, die die kompletten Anzeigenteile verschiedener Zeitungen pachtete und den Anzeigenraum dann mit einer Provision weiterverkaufte. Zur Abwicklung dieses Geschäfts, das zum Grundstein seines Medienkonzerns wurde, betrieb Mosse kurz darauf rund 130 Zweigstellen im In- und Ausland.

Sein Verlagsgeschäft baute er zusammen mit seinem Schwager Emil Cohn auf. Zu den wichtigsten Publikationen des Mosse-Verlags, der zunächst weitgehend durch besagte Werbe-Einnahmen finanziert wurde, gehörten das 1872 gegründete auflagenstarke „Berliner Tageblatt“, die „Berliner Morgen-Zeitung“ die „Allgemeine Zeitung des Judentums“ und die „Berliner Volks-Zeitung“ .

Außerdem verlegte er Zeitschriften wie „Ulk“ (eine Satire-Zeitschrift), Zeitungen wie das „Sonntagsblatt“ (ab 1873), die „Handelszeitung“ (1886), „Technische Rundschau“ (1895) oder „Haus, Hof, Garten“ (1899) und betreute darüber hinaus das Anzeigengeschäft zahlreicher Fachschriften.

Rudolf Mosse war ein kaisertreuer, aber progressiv denkender deutsch-jüdischer Verleger. Im Verlauf des Ersten Weltkriegs trat sein Berliner Tageblatt wiederholt für einen europäischen Verständigungsfrieden ein und wurde deshalb mehrfach verboten. In der Weimarer Republik vertrat Mosse eine liberal-konservative Haltung und rief in seinen Zeitungen dazu auf, den Versailler Vertrag nicht zu unterzeichnen.

1932 musste der Verlag, nach Auflagenverlusten und auch als Folge der Weltwirtschaftskrise, seine Zahlungen einstellen und wurde zunächst in eine Stiftung überführt. Mosses Imperium wurde dann nach 1933 von den Nationalsozialisten gleichgeschaltet und zerschlagen.

 

Sitz des Rudolf Mosse Verlags in Berlin

article picture

Die wichtigsten Zeitungen des Rudolf Mosse Verlags

Das von Rudolf Mosse im Januar 1872 gegründete Berliner Tageblatt und Handelszeitung  bestand anfangs nur aus Anzeigen, entwickelte sich aber bald durch hinzugefügte redaktionelle Beiträge zu einer führenden, ja zur auflagenstärksten überregionalen Tageszeitung im deutschen Kaiserreich. Und damit zu einem Leitmedium mit großem Einfluss auf die öffentliche Meinung. Nach Ende des Ersten Weltkriegs, während der Weimarer Republik, vertrat das Berliner Tageblatt eine linksliberale Position und wurde quasi als "Vertreterin der DDP Deutsche Demokratische Partei" wahrgenommen, was dann allerdings zu einem Auflagenrückgang führte und 1932 zum Zusammenbruch des Pressekonzerns. 1933 wurde das Blatt gleichgeschaltet, kalt "arisiert" und schließlich im Januar 1939 endgültig eingestellt.

Die Berliner Morgen-Zeitung wurde 1889 gegründet. Sie war eine regionale Tageszeitung für den Großraum Berlin. Das Blatt – ihre Zielgruppe waren Arbeiter und Kleinbürger - kostete zehn Pfennig und erschien täglich mit einem Umfang von durchschnittlich acht Seiten. Montags allerdings mit meist nur zwei Seiten und dienstags oft mit gerade einmal vier Seiten. Auch nach dem Zusammenbruch der Rudolf Mosse OHG im Jahr 1932 durfte die Berliner Morgen-Zeitung zunächst weiter erscheinen, 1934 aufgefangen in einer Buch- und Tiefdruck GmbH, wie alle Zeitungen des Mosse-Konzerns. 1937 wurde sie dann dem Deutschen Verlag einverleibt und im Februar 1939 eingestellt.

Die Allgemeine Zeitung des Judentums war 1837 vom Rabbiner Philippson gegründet worden – mit königlich sächsischer Concession, als unparteiisches Organ für jüdisches Interesse. Zunächst wurde sie von einer Leipziger Buchhandlung herausgegeben, ab 1890 dann von Rudolf Mosse in Berlin. Dort erschien sie bis April 1922 und wurde dann mit der ebenfalls bei Mosse wöchentlich erscheinenden CV-Zeitung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens zusammengelegt.

Die Berliner Volks-Zeitung wurde ab 1904 als Boulevardblatt für den Großraum Berlin herausgegeben und richtete sich, wie ihre im Abonnement vertriebene Schwester Berliner Morgen-Zeitung, gezielt an Arbeiter und Kleinbürger. Redaktioneller Schwerpunkt waren Unterhaltung und Sensationen. Die Berliner Volks-Zeitung endete am 30. September 1944 in der Zusammenlegung mit der Berliner Morgenpost, die vordem bei Ullstein erschien und seit 1934 dem Zentralverlag der NSDAP unterstand, unter dessen Ägide aus Ullstein der "Deutsche Verlag" wurde.

(hhb)